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Tagung: Attraktivität wieder erhöhen

 

 

März 2023

Das Kultusministerium und der Arbeitskreis Humanistisches Gymnasium hatten im März zu einer Tagung in das Gymnasium bei Sankt Stephan in Augsburg geladen. Besonders der Unterricht im Fach Griechisch stand dabei im Fokus.

"Intensiv den Geist zu bilden, durch vornehme Künste sei bestrebt, und genau lerne die Sprachen, die zwei“ – linguas edidicisse duas! Dieses Zitat aus Ovids „Ars amatoria“ stand über dem Vortrag von Prof. Markus Janka, Lehrstuhlinhaber für Klassische Philologie an der LMU München. Die Aussage stand aber auch über der gesamten Tagung der humanistischen Gymnasien in Bayern.

Stärkerer Akzent lag dabei auf dem Unterricht im Fach Griechisch. Unter Corona haben alle bayerischen Schulen gelitten, doch im Gymnasialbereich traf es am meisten das Fach Altgriechisch. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Humanistisches Gymnasium, Dr. Peter Römisch, der die Tagung zusammen mit dem Kultusministerium organisiert hatte, stellte in seiner Begrüßung dann auch fest, dass für das Fach Griechisch „der Wind rauer“ geworden sei. Ministerialrat Dr. Rolf Kussl, der im Kultusministerium bei den Gymnasien unter anderem die Alten Sprachen vertritt, konnte ihn bei dieser Feststellung leider nicht korrigieren. In der Tat sind die Schülerzahlen im Fach Altgriechisch auf jetzt 2.549 gesunken. Prozentual ist der Anteil aber immerhin ungefähr gleichgeblieben. Für alle Beteiligten wird die Oberstufenreform allerdings Veränderungen bringen, wobei die rein humanistischen Gymnasien weniger betroffen sein werden als die übrigen Gymnasien, die nur „unter anderem“ auch Altgriechisch anbieten. Es wird möglicherweise Verteilungskämpfe geben. Hier wurden vielfach Bedenken laut. Gleichwohl war die Stimmung unter den Teilnehmern durchaus optimistisch, wozu auch der Andrang beim gleichzeitigen „Tag der offenen Tür“ beigetragen haben könnte.

Einigkeit herrschte rundum bei der Frage, dass Gymnasien mit einem Angebot in Griechisch sehr viel mehr Werbung für dieses Fach leisten müssen. Dr. Kussl konnte in diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche „Info-Offensive“ des Kultusministeriums im Herbst 2021 verweisen. Allerdings stehen sinkenden Schülerzahlen im Fach Altgriechisch auch sinkende Zahlen bei Lehrern und Studienanfängern im Bereich der Altphilologie gegenüber. Das Kultusministerium ruft dazu auf, Studienanfänger zum Studium der Alten Sprachen zu ermuntern, denn die Anstellungschancen seien „so gut wie niemals zuvor“.

Bei den Werbemöglichkeiten in den Grundschulen wurde beklagt, dass dort mitunter eine gewisse Skepsis gegen eine humanistische Ausbildungsrichtung vorherrsche. Es gebe Beispielfälle, dass humanistische Gymnasien als elitär und übermäßig anspruchsvoll wahrgenommen würden, wie die Tagungsteilnehmer aus eigener Erfahrung berichteten. Diesen Einschätzungen bestimmter Grundschulen entgegenzutreten, scheint für die humanistischen Gymnasien aber auch schwierig zu sein. Vielerorts sei es ihnen sogar nicht erlaubt, Werbung für ihr Gymnasium an Grundschulen zu machen. Ministerialdirigent Martin Wunsch, Leiter der Gymnasialabteilung im Kultusministerium, bat um Verständnis, dass bei den Elterninformationsabenden der Grundschulen zum Übertritt keine Werbung für einzelne Schulen gemacht werden könne; direkte Kontakte der humanistischen Gymnasien mit den Lehrkräften der umliegenden Grundschulen könnten aber dazu beitragen, ggf. bestehende Informationsdefizite abzubauen. Er setzt darauf, dass die Gymnasien die Eltern über die eigenen Infoabende erreichen. Wunsch ist gleichwohl optimistisch, er sieht die Entwicklung der humanistischen Bildung nicht in Gefahr. Allerdings müssten diese Schulen an ihrem Profil arbeiten, „eine Daueraufgabe“.

Karl-Ludwig Zöller


 

Priesterin Pythia als „Influencerin“: Pegalogos-Preis 2022

Oktober 2022 

Nach über 2.000 Jahren, in denen als Standardwerk der antiken Küche immer nur Apicius, ein Römer, genannt wurde, ist nun auch die antike Küche der Griechen wiederentdeckt worden: in den gastronomischen Hexametern des Archestratos. Diese Erkenntnis verdanken wir Fabian Repper. Der Schüler der Q12 des Wilhelmsgymnasiums in München rekonstruierte aus 62 Fragmenten eines Werkes des Dichters Archestratos aus Sizilien (einem Zeitgenossen von Aristoteles) ein Kochbuch samt passenden Tellern. Er gewann damit den Pegalogos-Preis 2022.

Der Pegalogos-Preis wird seit 2008 alle zwei Jahre vom Arbeitskreis Humanistisches Gymnasium für Arbeiten von Schülern humanistischer Gymnasien in Bayern verliehen, die sich mittels freigewählter Medien mit dem zeitlosen Wert des Erlernens der altgriechischen Sprache beschäftigen. Oder – wie es Kultusminister Piazolo bei seiner Rede am 17. Oktober in der Glyptothek ausdrückte: Die Schülerinnen und Schüler nehmen uns „mit phantasievollen Beiträgen beim Pegalogos-Wettbewerb mit auf die Reise in die altgriechische Kultur und Sprache und beflügeln uns – wie der Namensgeber Pegasus in der griechischen Mythologie – im wahrsten Sinne des Wortes“.

Der Arbeitskreis unter der Leitung des Münchner Arztes Peter Römisch feierte im vergangenen Sommer sein 25-jähriges Bestehen und hat in dieser Zeit durch zahllose Veranstaltungen – Vorträge, Podiumsdiskussionen, Reisen und für Kinder „Latein zum Anfassen“  – vielen Menschen den Reichtum an Erkenntnis erschlossen, den die Beschäftigung mit der Antike vermittelt. Der Pegalogos-Preis – eine bronzene Pegasus-Skulptur und ein Preisgeld von 500 Euro – ist sozusagen die Krönungsmesse des gemeinnützigen Vereins, weil dieser Preis und seine Voraussetzungen besonders geeignet sind, die Vielfalt der griechischen Antike dazustellen. Auch beim Pegalogos 2022 wurde das wieder deutlich. Denn weitere Preise gingen an Schülerinnen und Schüler des St. Stephan-Gymnasiums Augsburg, an das Maximiliansgymnasium München, an das Wittelsbacher-Gymnasium in München und an das Gymnasium Christian Ernestinum in Bayreuth.

Der Beitrag des Max-Gymnasiums zeigt eine für die jungen Autoren frappierende Tiefe: ein Poetry-Slam über die Werte, die das moderne Europa aus den historischen Wurzeln des alten Griechenland entwickelt hat. Für diese Leistung haben die 17-jährige Schülerin Leonie Mittelberger und der 19-jährige Matteo Budisa übrigens auch den Europäischen Wettbewerb 2022 gewonnen.

Die Augsburger Schülerinnen und Schüler vom St. Stephan Gymnasium gestalteten eine Ausstellung im Augsburger Römischen Museum zu den technischen Wundern der Antike. Man spricht, wenn es mal Spitz auf Knopf bei Rettung in letzter Minute gestanden hat, vom „deus ex machina“ – aber wer hat denn schon je eine solche Bühnenapparatur gesehen, mit deren Hilfe beispielsweise Iphigenie durch die Göttin Artemis vor ihrem Vater Agamemnon gerettet wurde, der sie als Preis für günstige Winde Richtung Troja opfern wollte! 

Der Juniorpreis 2022 wurde verliehen für einen Kurzfilm mit der Wiedergabe eines Internet-Chats, in dem sich zwei Schüler während der Corona-Isolation online über ihren wenig motivierenden Griechischunterricht unterhalten. Da schaltet sich plötzlich Sokrates in den Chat und mithilfe der delphischen Priesterin Pythia „als Influencerin“ wird „die Griechisch Werbung auf den Stand des digitalen Zeitalters“ gebracht, wie Markus Janka, Professor für Klassische Philologie an der LMU München als Laudator den gelungenen Beitrag charakterisierte.

Einen Sonderpreis erhielt eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Klasse 11a des Ernestinums Bayreuth für eine Wandkarte des antiken Hellas mit QR-Codes; hält man da drauf, kommt man zu Audiodateien mit Hörspielen, Texten und Erklärungen zu historischen Ereignissen – eine Multimedia-Karte in moderner Bildsprache.

Es hat sich auch in diesem Jahr wieder gezeigt, dass der „Pegalogos“ trotz der immer größer werdenden Anzahl von Schülerwettbewerben immer wieder seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer findet, auch wenn die Beiträge manchmal erst „5 vor 12“ bei den „kritai“ eingehen, wie Markus Janka das Preisrichter-Kollegium aus Mitgliedern des Arbeitskreises, des Kultusministeriums und des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung dem genius loci entsprechend benannte. „Das ungebärdige geflügelte Ross“ (Zitat aus der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen) inspiriert offenbar weiterhin zu allen möglichen medialen Ideen. Und wenn morgen ein neues digitales „Gimmick“ erfunden wird, kann man eine Wette darauf abschließen, dass die jugendlichen Altphilologen es baldmöglichst einsetzen werden, um auch mit der neuesten Technik kreativ die antiken Ursprünge unserer Kultur und Demokratie zu erläutern. Vielleicht muss sich Markus Janka für ein frischerfundenes mediales Gimmick am Ende eine neue passende Vokabel ausdenken. Denn wer weiß, ob die Aufforderung „Pellicula imprime! Pinge! Inveni! Compone!“ den medialen Möglichkeiten dann noch gewachsen ist!

Karl-Ludwig Zöller

 

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