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Mehrarbeitsabrechnung - Mehr Arbeit?!

Die coronabedingten Mehrbelastungen schlagen sich in vielen Bereichen nieder – und dazu gehören nicht nur die isolationsund erkrankungsbedingten erheblichen Mehrbelastungen durch zusätzliche Vertretungsstunden, die geplant und abgehalten werden müssen, sondern auch deren Abrechnung.

War der Abrechnungsprozess schon bisher nur mit Spezialkenntnissen aus der KMBek für Mehrarbeit und dem KMS „Ergänzende Hinweise zur Lehrermehrarbeit“ vom 04.10.2016 sowie der Kenntnis der innerschulischen Planungsüberlegungen des Vertretungsplaners korrekt zu gewährleisten, so sind durch die Schaffung von Sonderhaushaltstiteln für Mehrarbeit im Zusammenhang mit der Corona-Krise (gemeinsam.Brücken.bauen) und für Mehrarbeit im Zusammenhang mit der Beschulung von geflüchteten ukrainischen Schülerinnen und Schülern (Willkommensklassen im Schuljahr 2021/22 und Brückenklassen im Schuljahr 2022/23) weitere Spezialfälle hinzugekommen. Aus diesem Anlass folgen hier die wichtigsten Grundsätze und Unterschiede:

Vergütungsfähige Mehrarbeit im „Normalbetrieb“ an der Schule sind immer nur Unterrichtsstunden. Diese kann durch die punktuelle wie durch die längerfristige Vertretung von abwesenden Kollegen entstehen. Die Anordnung kann schriftlich oder digital über den Vertretungsplan erfolgen, auch wenn während einer Präsenzstunde ein „Einsatz“ stattfindet. Zusätzliche Konferenzen, Beratungsgespräche, Wandertage etc. stellen keine Mehrarbeit im Sinne der KMBek dar, auch wenn sie zu mehr Arbeit für alle Beteiligten führen, sie dürfen aber andererseits nicht als Freizeitausgleich bei dafür entfallenen Stunden gewertet werden. Und auch nicht jede Vertretungsstunde ist „Mehrarbeit“ im Sinne der KMBek, sondern nur solche, die im Saldo des Kalendermonats zusätzlich sind. Fällt also eine Stunde ersatzlos weg, weil eine Klasse nicht im Haus ist und vertrete ich die begleitende Lehrkraft in einer anderen Klasse, so handelt es sich um eine „statt-Stunde“, aber nicht um Mehrarbeit. Wird die Vergütungsgrenze in einem Monat erreicht (bei Vollzeit vier „plus-Stunden“), so werden diese vergolten: vorrangig in „Freizeit“ während der folgenden drei Monate (also durch den Ausfall von Unterricht ohne mein Zutun und ohne alternative Pflichten meinerseits), die nicht durch Freizeit ausgeglichenen Stunden werden nach Ablauf der drei Monate vergütet. Hierfür erstellt die Schule eine Abrechnung, die die Lehrkraft gegenzeichnet, und die an das Landesamt für Finanzen zur Auszahlung weitergereicht wird. Bei Teilzeit liegt die Vergütungsgrenze entsprechend niedriger und bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern sind weitere Besonderheiten zu berücksichtigen (vgl. das o.g. KMS).

Soweit Verbeamtete oder unbefristet Beschäftigte Mehrarbeit in Brückenklassen leisten (also zusätzlich zu ihrem Deputat), gilt auch hier die Vergütungsgrenze. Allerdings kann diese Mehrarbeit unmittelbar im Anschluss an den Kalendermonat abgerechnet und zur Vergütung an das LfF gemeldet werden, da davon auszugehen ist, dass ein Freizeitausgleich dieser Stunden „aus zwingenden Gründen nicht möglich ist“ (vgl. Seite 8 der Vollzugshinweise für den Personaleinsatz in Brückenklassen). Die Mehrarbeit ist gesondert abzurechnen, sie darf auch nicht auf demselben Formular wie die „normale“ Mehrarbeit attestiert und beim LfF eingereicht werden, da sie aus einem gesonderten Haushaltstitel bestritten wird. Die gesonderte Abrechnung und der Verzicht auf eine Wartezeit von drei Monaten galt auch schon für die Vergütung von Mehrarbeit in den Willkommensklassen im vorangegangenen Schuljahr. Soweit hier eine Abrechnung noch nicht erfolgt sein sollte, wird darauf hingewiesen, dass die beamtenrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren noch nicht abgelaufen ist.

Ein weiterer Sonderfall liegt vor, wenn Mehrarbeit im Zusammenhang mit dem Programm „gemeinsam.Brücken.bauen“ anfällt. Auch hier muss eine gesonderte Abrechnung erfolgen, diese kann aber auch sofort im Anschluss an den Monat, in dem die Vergütungsgrenze erreicht wurde, geschehen (vgl. die Vollzugshinweise zum Personaleinsatz im Rahmen von „gemeinsam. Brücken.bauen“ – Förderprogramm zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile für Schülerinnen und Schüler in der Anlage zum KMS vom 30.07.2021). Auch hier ist der spezielle Haushaltstitel anzugeben. Die Besonderheiten bei Teilzeit, die eine niedrigere Vergütungsgrenze in Abhängigkeit von ihrer individuellen Unterrichtspflichtzeit haben, und insbesondere bei Arbeitnehmern in Teilzeit, die gar keine Vergütungsgrenze überschreiten müssen, also schon ab einer „plus-Stunde“/Monat einen Anspruch auf Abgeltung haben, gelten auch hier.

Es ist offensichtlich, dass die Regelungen zur Vergütung von Mehrarbeit komplex sind. Der HPR begrüßt die Sonderregelungen für die Mehrarbeit im Zusammenhang mit Ukraine-Krieg und Pandemie sehr, weist aber darauf hin, dass für die korrekte Berechnung der Mehrarbeit Expertenwissen erforderlich ist, das in der Regel nur in der Schulleitung vorhanden ist. Dies gilt auch in normalen Zeiten schon bei vielen Detailkonstellationen, z.B. sobald Stunden der integrierten Lehrerreserve und Mehrarbeit zusammentreffen, aber auch, wenn zwischen neutralen Stundenverschiebungen („statt-Stunden“) und Stundenausfällen (z.B. wegen Konferenz, Krankheit, Fortbildung) einerseits und echten „minus-Stunden“ (= Freizeitausgleich) andererseits zu unterscheiden ist.

Aus diesem Grund sei nochmals auf die Informationen aus dem HPR-Bericht vom April 2017 verwiesen. Der HPR hatte zur Zuständigkeit bei der Mehrarbeitsabrechnung gefragt: Die Dokumentationsverpflichtung und Abrechnungszuständigkeit wird ja bereits in der KMBek unmissverständlich den Schulleitungen der Gymnasien als anordnende Stellen zugeordnet. Wie verhält es sich jedoch mit der Initiierung des Abrechnungsprozesses? Liegt der Startpunkt in den Händen der Lehrkraft (analog den Reisekostenabrechnungen – „Holschuld“) oder ist die Schulleitung verpflichtet, von sich aus in regelmäßigen Abständen die Lehrkräfte über die erteilten, finanziell vergütungsfähigen Mehrarbeitsstunden zu informieren („Bringschuld“)?

Die Antwort aus dem Kultusministerium lautete: „Im Rahmen des Abrechnungsprozesses ist folgendermaßen zu differenzieren: Die Schulleiterin bzw. der Schulleiter berechnet auf Basis der an der Schule dokumentierten Anordnungen der Mehrarbeit bzw. der Dienstbefreiung zum Zwecke des Freizeitausgleichs – in der Regel dürfte hierzu keine weitere Mitwirkung der Lehrkraft erforderlich sein – die zu vergütende Mehrarbeit. Sobald die Voraussetzungen für die Auszahlung einer Mehrarbeitsvergütung vorliegen, ist diese unverzüglich durch die Schulleiterin bzw. den Schulleiter zu veranlassen. (…)“ Der vollständige HPR-Bericht zum Thema aus dem Jahr 2017 kann über die bpv-Homepage eingesehen werden. Er ist auch in der bpv-Broschüre „Wo steht denn das?“ von August 2021 abgedruckt.

Kommentar: Die Zuständigkeiten bei der Mehrarbeitsabrechnung sollen unter anderem sicher stellen, dass geleistete Arbeit auch dann vergütet wird, wenn die Lehrkraft, der Mehrarbeit angeordnet wurde, die Abrechnung nicht explizit einfordert oder gar selbst abrechnen und verantworten muss. Dies entspricht dem Fürsorgeprinzip. Die schiere Menge an zu vertretenden Unterrichtsstunden seit Beginn der Pandemie allerdings führt auch in den Direktoraten zu einer zusätzlichen Belastung, die empfindlich zu Buche schlägt. Hinzu mehren sich die Stimmen, die dem HPR mitteilen, dass die vielerorts eingesetzt Software, die die Mehrarbeitsstunden zum Beispiel aus Untis über eine Schnittstelle erfasst und die Vergütung berechnet hat, bald nicht mehr verfügbar sein wird. Eine Delegation der Verantwortung für die Abrechnung an die Lehrkräfte ist hier auch keine Lösung. Was nötig ist, ist ein datenschutzkonformes Tool, das auch künftig den Prozess der Abrechnung automatisiert und damit erleichtert.

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