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Entlasten und Anreize schaffen: Nachwuchsgewinnung und attraktive Arbeitsbedingungen

Leitartikel von Michael Schwägerl, bpv-Vorsitzender

Mitte April tagte der Hauptausschuss des Bayerischen Beamtenbunds mit über 200 Teilnehmerinnen, Teilnehmern und Gästen. Ein Thema stand im Mittelpunkt: "Hat der öffentliche Dienst in Bayern ein Nachwuchsproblem?"

Ja, das hat er - wie viele andere Berufsgruppen auch. Und es ist deshalb mehr als geboten, sich über Nachwuchsgewinnung Gedanken zu machen. Doch mindestens genauso wichtig ist es angesichts einer unausweichlichen Mangelsituation, das vorhandene Personal vor übermäßiger Belastung zu schützen, berufliche Perspektiven zu schaffen und die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhalten. Ein ganzes Bündel von Maßnahmen steht aktuell in der Diskussion, von denen hier drei herausgegriffen werden sollen:

Entbürokratisierung

Mit Spannung sehen wir zunächst auf das Projekt Bürokratieabbau, das von Staatsministerin Anna Stolz für die Schulen bereits Ende Februar eingeleitet wurde, aber auch in den anderen staatlichen Bereichen Thema ist. Von Seiten des Kultusministeriums waren die HPR-Gruppen, Bezirksregierungen und MB-Dienststellen aufgerufen, je 10 Vorschläge zu priorisieren, die bis 19. April 2024 eingereicht werden sollten. Zig Zuschriften haben dazu den bpv und seine Hauptpersonalräte erreicht - Ideen gibt es also mehr als genug (die "10 Vorschläge des bpv" finden Sie unter www.bpv.de > Presse&Aktuelles >Aktuelles). Die Frage ist, was sich davon rasch umsetzen lässt und wieviel Entlastung dann daraus für Lehrkräfte bzw. Schulleitungen erwächst. Das Projekt soll im Schulbereich - im Unterschied zu anderen Ministerien - sehr transparent ablaufen. Die Ministerin will die Vorschläge in anonymisierter Form auf der Homepage des Kultusministeriums präsentieren, sich dazu äußern und über die Fortschritte bei der Umsetzung informieren. Ein mutiges Vorgehen, das Erwartungen weckt. Unzweifelhaft steckt in diesem Projekt aber auch tatsächlich viel Entlastungs- und Motivationspotenzial. Eine Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes Schule würde zudem gratis mitgeliefert werden.

Beförderungen

Nehmen wir als Zweites den Bereich Motivation und Zufriedenheit in den Blick: "Beförderungen bleiben das Kernelement zur Honorierung von Leistung der Beschäftigten des Freistaats. Wir werden daher die Beförderungsmöglichkeiten in Bayern für alle Beamtengruppen kontinuierlich weiter verbessern, auch durch Stellenhebungen." Das liest sich sehr schön auf Seite 49 im Koalitionsvertrag, doch weder "alle" noch "kontinuierlich" trifft bislang zu. Denn leer ausgegangen sind bei den zusätzlichen Stellenhebungen in den letzten beiden Haushaltsjahren - bis auf die Mittelschule - alle weiterführenden Schulen. Und daran ändert sich nach dem vorgelegten Haushaltsentwurf auch in den Jahren 2024 und 2025 nichts. Wenn es so bleibt, ist mit weiter erhöhten, zusätzlichen Wartezeiten bei der Beförderung nach A14 zu rechnen, die die aktuellen zusätzlichen zwei (Gymnasium) bzw. vier (FOSBOS) Jahre deutlich übersteigen werden. Den derzeit zur Beförderung anstehenden Jahrgängen ist bereits jetzt nicht mehr zu vermitteln, warum man bei überdurchschnittlicher Beurteilung erst 11 (oder 13) Jahre nach Ablauf der Probezeit befördert wird. Teilweise erhielten diese Kolleginnen und Kollegen trotz sehr guter Noten ihre Planstelle erst nach einer Phase der Arbeit in befristeten Arbeitsverhältnissen. Nun werden sie durch den Mangel an Beförderungsstellen erneut zurückgesetzt und fühlen sich doppelt bestraft. Dies ist in höchstem Maße demotivierend und hat mit Honorierung von Leistung nichts mehr zu tun. Es ist für uns deshalb nicht nachvollziehbar, warum im aktuellen Entwurf des Doppelhaushalts 100 Millionen Euro für "Fraktionsinitiativen" und 216 Millionen Euro für Zuschüsse an Eltern zum Kauf von Schul-Tablets bereitgestellt werden können, aber keine 10 Millionen Euro für zusätzliche Beförderungen an Realschulen, Gymnasien, FOSBOS und beruflichen Schulen. Die Politik ist hier gefordert, ihre Versprechungen wahr werden zu lassen, denn wer die Attraktivität des Lehrberufs wirklich stärken will, darf hier keine Leerstelle lassen.

Teilzeitmöglichkeiten

Last, not least geht es um Teilzeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir werden nicht müde, die Politik und das Kultusministerium vor großangelegten Zwangsmaßnahmen oder Einschränkungen zu warnen und appellieren an alle, auf Anreize zu setzen - aus gutem Grund. Zum einen haben die im Volksschulbereich vollzogenen Maßnahmen eines klar gezeigt: Zwangsmaßnahmen im Teilzeitbereich bringen einen minimalen Zuwachs an Lehrer-Einsatzstunden bei maximalem Ärger und fügen der Attraktivität des Berufs massiv Schaden zu. Zum anderen hat der Bayerische Philologenverband vor fast zwei Jahren von seinen Mitgliedern in einer groß angelegten Teilzeitumfrage ebenso klar erfahren, unter welchen Bedingungen sie Teilzeit aufstocken bzw. in Vollzeit bleiben würden: Weit über die Hälfte der Lehrkräfte in Teilzeit nannte weniger Organisations- und Verwaltungsaufgaben sowie eine Reduktion der schulischen Termine außerhalb des Unterrichts. Also Entlastung durch Entbürokratisierung und zusätzliche Unterstützungskräfte - so lässt sich die schlummernde "stille Reserve" aktivieren. Entlasten, motivieren und Anreize schaffen — das sollte auch das Mantra der Politik werden. Damit bleibt der öffentliche Dienst attraktiv und das Nachwuchsproblem löst sich. Man kann Rainer Nachtigall, dem Vorsitzenden des BBB, also nur zustimmen, wenn er sagt: "Die Vorbildfunktion Bayerns ist wieder einmal gefragt!"

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