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Interview mit Schulpsychologin zum Übertritt an das Gymnasium: "Kein Kind ist auf sich allein gestellt!"

Dass der Übertritt auf das Gymnasium eine große Umstellung und neue Anforderungen mit sich bringt, ist unbestritten. Dass man jedoch nach dem Verlassen der Grundschule am Gymnasium ohne Unterstützung vor den Herausforderungen steht und mit seinen Fragen allein gelassen wird, ist schlichtweg falsch. Zum anstehenden Übertritt an das Gymnasium hat der bpv eine Expertin zum Thema befragt. Studiendirektorin Regina Knape ist langjährig erfahrene Schulpsychologin. Im bpv ist sie Leiterin des Sachgebiets Schulpsychologie und Beratungslehrkräfte.

Frau Knape, was ist das zentrale Thema bei der schulpsychologischen Beratung rund um den Übertritt an das Gymnasium?

“Das zentrale Thema bei der Übertrittsberatung ist oftmals die Befürchtung, dass die Leistungen nach dem Übertritt absinken. Teilweise werden Kinder wegen des befürchteten Notendrucks gar nicht erst am Gymnasium angemeldet. Diese Ängste sind in den allermeisten Fällen unbegründet.”

Inwiefern?

"Gymnasialgeeignete Kinder sollten die Chance erhalten, das Gymnasium zu besuchen. Eltern sollten hier wirklich der Einschätzung der Expertin/des Experten für den Übertritt, der Grundschullehrkraft, vertrauen. Und wenn die Anforderungen für das Gymnasium nicht erfüllt werden, sollte man als Eltern nicht vergessen: Dank des durchlässigen Schulwesens in Bayern gibt es viele Bildungswege, die zu einem erfolgreichen Schulabschluss und Leben führen. Kinder freuen sich in der Regel auf den neuen Lebensabschnitt, insbesondere wenn auch Freundinnen und Freunde auf dieselbe Schule wechseln. Eltern sollten Besorgnisse in zuversichtliche gedankliche und praktische Vorbereitung umwandeln."

Wie kann diese Zuversicht gelingen?

“Zuversicht und Vorfreude stärken Eltern am besten durch eine aktive Vorbereitung.  Der Besuch von Informationsveranstaltungen und Schnuppernachmittagen an der neuen Schule können ein Teil davon sein. Auch die Klassenlehrkraft und Beratungsfachkräfte an der Grundschule wie auch am neuen Gymnasium können eine Hilfe sein, Unsicherheiten schon im Vorfeld aus dem Weg zu räumen. Besonders Beratungslehrkräfte fungieren in diesem Zusammenhang als sogenannte „Übertrittscoaches”. Jederzeit sind persönliche Beratungsgespräche im Vorfeld des Übertritts möglich und werden auch bereits zahlreich genutzt.”


Manchmal entsteht der Eindruck, dass mit dem Übertritt der geschützte Raum der Grundschule verlassen wird. An der weiterführenden Schule steht man dann auf sich gestellt vor einer neuen und anonymen Lernumgebung.

“Dieser Schein trügt und hat nichts mit der Realität zu tun. Neben Beratungslehrkräften stehen Eltern und Familien weitere Personen mit menschlichem Rat und viel Erfahrung an den Gymnasien zur Verfügung, zum Beispiel die Unterstufenbetreuung. Dort erhalten die Familien konkrete Hilfe und praktische Handlungsanleitungen zu Themen wie mehr Eigenständigkeit und Medienkonsum. Nach dem Übertritt gibt es vielfältige, oft lang bewährte, in den Unterricht und Schulalltag integrierte sowie auch freiwillig nutzbare Unterstützungsangebote. Dazu gehören Workshops wie „Lernen lernen” für Eltern und Kinder ebenso wie Tutoren- und Mentorenprogramme. Kein Kind ist also auf sich allein gestellt!”

Was sagen Sie zum häufig kritisierten Übertrittsdruck?

"Der Übertrittsdruck spiegelt sich nicht am Gymnasium wider: Die Quoten an Wiederholungsschülern in den Klassenstufen 5-7 sind äußerst klein. Die Anforderungen im Unterricht steigen bedächtig. Die Tatsache, dass es in der Unterstufe keinen bzw. kaum Nachmittagsunterricht gibt, entspannt zusätzlich. Die Freizeit kommt also nicht zu kurz. Zuhause ist es wichtig, eine positive Fehlerkultur zu etablieren. Gerade in der Anfangsphase sollten Eltern im Alltag Zeit einplanen, um Rhythmus, Strategien und Strukturen der häuslichen Nachbereitung zu etablieren."

Was möchten Sie als Schulpsychologin Eltern und Kindern zum Übertritt an das Gymnasium mitgeben? 

“Niemand ist am Gymnasium allein. Denn die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern ist ein elementarer Baustein der pädagogischen Arbeit an allen Schulen und wird am Gymnasium gelebt.”

 

 

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