Anlässlich des Beginns der Pfingstferien wagt Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands (bpv), einen Ausblick auf den kommenden Unterrichtsbetrieb und blickt auf die Situation an den Schulen zurück.
Förderkonzept zu Ende denken
Nachbesserungsbedarf sieht der bpv vor allem beim diese Woche erschienenen Förderkonzept, das nach den Pfingstferien einsetzen soll. Dabei ist der Ansatz aus Sicht des Verbandes richtig: Um coronabedingte Lücken aufzuholen, muss man vom einzelnen Schüler ausgehen und zunächst mögliche Lernrückstände diagnostizieren. „Leider verweist das Ministerium in seinem KMS nur darauf, dass jede Lehrkraft für ihre Klasse die Lernstandserhebung spezifisch entwickelt und die Ergebnisse dokumentiert. Da ist deutlich mehr an Unterstützung möglich“, konstatiert Schwägerl und verweist auf das Positionspapier des Verbandes Umgang mit den Folgen der Corona-Pandemie. „Wir halten eine zentrale Stelle, wie die bereits von uns geforderte Task Force ‚Diagnose und Förderung‘, für notwendig. Sie könnte koordinierend unterstützen und zentrale, auch digital gestützte, Diagnosetools zur Verfügung stellen. Warum nicht einen zentralen Fragenpool schaffen, aus dem sich die Lehrkräfte für ihre Klassen bedienen können? Das vom Ministerium empfohlene Portal am Landesamt für Schule (www.las.bayern.de/lernstandserhebungen) bietet momentan nur ein sehr lückenhaftes Angebot bereits bestehender Tests wie zum Beispiel VERA oder Grundwissenstests im pdf-Format an. Eine echte Hilfe für uns Lehrer wären aber flexible und handhabbare Angebote für alle Jahrgangsstufen und alle Schularten.“
Personelle Ausstattung der Förderangebote verbessern
Auch die zweiwöchigen Förderkurse in den Sommerferien überzeugen den Verband nicht. „Sommerkurse können ein guter Anfang des Aufholens sein, sicher aber nur für wenige Schüler und einen nachhaltigen Effekt erzielen sie nur, wenn man dranbleibt. Man kann nicht die Lücken aus einem Jahr in zwei Wochen freiwilliger Sommerschule aufholen“, meint Schwägerl. Hier fordert der Verband zusätzlich eine deutliche und langfristig bessere personelle Ausstattung der einzelnen Schulen. Schwägerl ergänzt: „Wir sind weiterhin der Meinung: Jetzt mindestens eine zusätzliche, qualifizierte Lehrkraft pro Schule für das kommende Schuljahr fest einstellen und die Schülerinnen und Schüler langfristig individuell fördern – das hilft wirklich nachhaltig weiter, bringt Planungssicherheit und entlastet auch die Schulleitungen. Es ist wie beim Fußball: Ein zweiwöchiges Trainingslager kann Angebote machen und einem Spieler punktuell helfen. Um sein Können jedoch langfristig zu verbessern, muss er am Ball bleiben und wöchentlich ins Training gehen.“
Stockender Impfturbo
„Vor Beginn der Pfingstferien müssen wir leider auch feststellen: Bei den Lehrkräften hat der Impfturbo nicht gezündet. Weil jetzt sogar die Erstimpfungen zurückgestellt werden bedeutet das, dass im Sommer viele Lehrerinnen und Lehrer noch keinen Impfschutz haben werden, obwohl in den meisten Regionen Wechsel- oder sogar Präsenzunterricht stattfinden wird. Angesichts der großen Ankündigungen der Politik an Ostern ist das für viele eine herbe Enttäuschung. Während in Betrieben die Belegschaften durch den Arbeitgeber mit Impfstoff versorgt werden und in anderen Ämtern flächendeckende Angebote am Arbeitsplatz gemacht werden, gibt es für viele Lehrkräfte weiterhin keine echte Impfunterstützung seitens des Freistaates Bayern“, stellt Schwägerl fest.
Keine Testpflicht für Abiturienten
Ein weiterer Kritikpunkt des bpv ist die fehlende Testpflicht bei Abiturienten. Die Rückmeldungen aus den einzelnen Schulen zeigen, dass eine höchst unterschiedliche Testbereitschaft der künftigen Absolventen vorherrschte. An manchen Schulen gab es eine freiwillige Testquote von 100 Prozent, während an anderen Gymnasien nur ein Drittel getestet die Abiturprüfung absolvierte. „Diese Tatsache zeigt, dass es viel zu oft von den Gegebenheiten an den einzelnen Schulen abhängt. Alle Beteiligten hätten sich hier eine deutlichere Ansage gewünscht. Wenn es hoffentlich zu keinen ernsten Ausbrüchen gekommen ist, liegt das an der geschickten Organisation der Schulleitungen und Oberstufenkoordinatoren vor Ort“, schließt Schwägerl ab.