Der Bayerische Philologenverband versteht das Studium für das Lehramt an Gymnasien als organisatorische Einheit, die einzig an Universitäten, Kunstakademien und Musikhochschulen erfolgt. Die akademische Ausbildung der Philologinnen und Philologen fußt dabei auf drei Säulen:
fachwissenschaftliche Ausbildung in zwei gleichberechtigten Studienfächern oder wissenschaftliche und künstlerische Ausbildung im Doppelfach Kunst bzw. Musik
fachdidaktische Ausbildung unter Einschluss diverser Praktika
gymnasialpädagogische und pädagogisch-psychologische Ausbildung
Verfahren zur Eignungsberatung
Der bpv begrüßt die Entwicklung von Eignungsberatungsverfahren für Interessenten von Lehramtsstudiengängen. Eine intensive Beratung und Betreuung der Interessenten in einem schulartspezifisch konzipierten Eignungsberatungsverfahren hilft diesen, den angestrebten Beruf zu reflektieren. Die Universitäten müssen den Lehramtsstudierenden folglich aber auch eine qualitativ hohe Ausbildung bieten. Die Eignung für den Lehrerberuf verbindlich über Tests festzustellen, davon hält der bpv nichts. Die Entwicklung der jungen Menschen ist in dieser Lebensphase zu dynamisch, als dass aussagekräftige Prognosen zu ihrer Eignung für den Lehrerberuf möglich sind.
Fachwissenschaftliches Studium als Garant für international beste Lehrerleistungen
Je mehr fachliche Kenntnisse die einzelne Lehrkraft besitzt, desto bessere Leistungen erzielen auch ihre Schüler. Dies belegen mittlerweile zahlreiche Studien, etwa Coaktiv, MT21 und TEDS-M. Der Grund ist einfach: Fachwissen ist die zentrale Voraussetzung für gute Didaktik, nur ein wissenschaftlich souveräner Lehrer, der in seinem Fach zuhause ist, kann Unterrichtsstoff verständlich vermitteln, ein Berufsleben lang Herausforderungen meistern und seine Schüler begeistern. Daher fordert der bpv eindringlich dazu auf, in der bayerischen Lehrerbildung nicht dieselben Fehler zu machen wie in anderen Bundesländern und Lehrerbildung entgegen diesen Studienergebnissen zu konzipieren. Eine stärkere Gewichtung von Pädagogik und Praxis, die auf Kosten der Fachwissenschaften geht, entzieht Gymnasiallehrkräften die Grundlage für erfolgreichen Unterricht.
Schulartspezifische Lehrerbildung – schulartspezifischer Lehrereinsatz
Die Anforderungen der jeweiligen Schularten sind sehr spezifisch. Lehrkräfte werden daher in speziellen Ausbildungsgängen mit sehr unterschiedlichen Inhalten und Schwerpunkten für ihre späteren Aufgaben in den einzelnen Schularten ausgebildet. Dafür müssen sich die Studierenden von Studienbeginn an voll auf die jeweiligen Ausbildungsrichtungen konzentrieren können. Den parallelen Erwerb der Befähigung zum Lehramt an mehreren Schularten und die damit verbundene spätere Polyvalenz zwischen einzelnen Lehrämtern lehnt der bpv daher konsequent ab. Ein flexibler Lehrereinsatz geht auf Kosten einer hohen Bildungsqualität und damit auf Kosten der Schülerinnen und Schüler. Die klaren Schulartprofile – gemeinsam mit eindeutigen Lehrerausbildungen – sind ein wesentlicher Grund für die hohe Bildungsqualität in Bayern. Daher sollten an Universitäten Module auch nicht schulartübergreifend, sondern nach Lehrämtern und schulartspezifischen Anforderungen differenziert stattfinden.
(Fach-)Polyvalenz
Sinnvoll ist es hingegen, Module für Gymnasiallehrkräfte und Fachwissenschaftler gemeinsam zu organisieren: Das Gymnasiallehramt setzt einen fachlich deutlich höheren Komplexitäts- und Abstraktionsgrad voraus als in anderen Lehrämtern und ist deutlich forschungsorientierter. Zudem öffnen sich Gymnasien zunehmend für externe Partner; die wachsende Vernetzung mit Institutionen der Wissenschaft und Wirtschaft verlangt dabei gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz. Darüber hinaus ermöglicht die Orientierung an den Fachwissenschaften für Studierende des gymnasialen Lehramts alternative Karrierewege in die außerschulische Arbeitswelt, etwa bei Engpässen auf dem Lehrerarbeitsmarkt. Vorbildliche Wege der (Fach-)Polyvalenz gehen in Bayern die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und die Universität Bayreuth. An der Universität Bayreuth erhalten Studierende den Bachelor of Arts bzw. Science als Zwischenabschluss und nicht etwa den Bachelor of Education. So haben sie die Wahl zwischen dem Lehramtsstudium für das Gymnasium und dem fachwissenschaftlichen Studium im Schwerpunktfach. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben Studierende die Möglichkeit, innerhalb der Regelstudienzeit von 10 Semestern das Staatsexamen sowie zusätzlich einen Bachelor- und Masterabschluss zu erwerben. Nach sechs Semestern können sie dafür einen Zwei-Fächer-Bachelor abschließen, die Gymnasiallehramtsmodule zwischen dem 7. und 9. Semester sind dann komplett auf den Master anrechenbar. Der Zwei-Fächer-Masterabschluss wird im 10. Semester mit einer Masterarbeit (30 ECTS-Punkte) beendet. Der bpv tritt dafür ein, dass dieser Weg Gymnasiallehramtsstudierenden an allen Universitäten Bayerns ermöglicht wird.
Professionalisierung
Eine Professionalisierung für die verschiedenen Lehrämter erfolgt nur bei inhaltlicher und formaler Differenzierung nach Schularten; für das Gymnasiallehramt wird diese durch die Stärkung der gymnasialspezifischen Inhalte erreicht. Daher müssen bereits zu Beginn des Studiums die Grundlagen der Lehr-, Erziehungs- und Bildungsaufgaben des gymnasialen Lehrerberufs fest verankert sein; die für die spätere Schulart benötigten Kompetenzen dürfen nicht erst in späteren Semestern vermittelt werden. Eine zeitliche Verkürzung der Inhalte führt zur Entprofessionalisierung der Lehrerausbildung. Dies widerspricht einer Qualitätsorientierung.
Struktur der Lehrerbildung – Differenzierung nach Lehrämtern
Für alle Lehrämter ist eine einstufige Studienstruktur vorzusehen. Die Anpassung an eine gestufte Studienstruktur (Bachelor-Master) lehnt der bpv ab, da diese für das Lehramt nicht zielführend ist. Um sicherzustellen, dass die Gymnasiallehrerausbildung das höchstmögliche akademische Niveau erreicht, ist das zusätzliche 10. Semester notwendig, sodass die erforderlichen 300 LP erreicht werden. Parallel zum Studium des Lehramts an Gymnasien sind in der modularisierten Studienstruktur ohne Mehraufwand der Fach-Bachelor und der anschließende Fach-Master in den entsprechenden Fächern zusätzlich erwerbbar. Dies ist aufgrund der hohen fachwissenschaftlichen Studienanteile des Lehramtsstudiums problemlos möglich. So können Gymnasiallehramtsstudierende flexibel auf eine sich verändernde Arbeitsmarktsituation reagieren. Das Studium muss als organisatorische Einheit konzipiert sein. Das betrifft sowohl die Struktur als auch die Inhalte der Ausbildung. Es ist im ureigenen Interesse der Bildungsadministration, dass sowohl ausreichend viele als auch qualitativ hochwertig ausgebildete Lehrkräfte für Gymnasien und Berufliche Oberschulen zur Verfügung stehen. Der bpv versteht deshalb, ebenso wie die gymnasiale Bildung, auch die Ausbildung zum Gymnasiallehrenden als einheitlichen Ausbildungsgang, der bereits früh auf die spezifischen Bedingungen des Berufs vorbereitet und damit für hohe Qualität steht. Aus Qualitätserwägungen lehnt der bpv eine Vereinheitlichung der Lehramtsstudiengänge und damit eine Annäherung der Lehrämter deutlich ab.
Abschlüsse und Abschlussarbeiten
Staatsexamen
Das Staatsexamen muss als Eingangsvoraussetzung in den Vorbereitungsdienst erhalten bleiben. Der Bildungsbereich ist, neben Medizin und Rechtswissenschaften, von gesamtgesellschaftlichem Interesse: Schulen sind öffentliche Einrichtungen, ihre Arbeit kommt dem Gemeinwesen zugute. Der Staat trägt daher die besondere Verantwortung, hohe Qualität und ständige Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Das Staatsexamen ist dabei ein Qualitäts- und Vergleichbarkeitsstandard – und damit letztlich ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit in Bayern. Dafür muss die Kompetenzentwicklung über das gesamte Studium hinweg überprüft werden. Modulprüfungen können dies nicht, da „die Summe der Fachprüfungen noch keine gute Lehrerbildung gibt“, wie bayerische Lehrerbildungsexperten wissen. Das erste Staatsexamen (60 Prozent) findet als Blockprüfung statt. Begleitende universitäre Prüfungen im Rahmen eines Leistungspunktesystems gehen mit 40 Prozent in die Abschlussnote des ersten Staatsexamens ein. Die Prüfungen entsprechen im fachlichen Niveau mindestens den früheren Magister- und Diplomprüfungen bzw. den Prüfungen für den Master mit 300 ECTS-Punkten in den beiden fachwissenschaftlichen Studiengängen. Das erfolgreich abgeschlossene Staatsexamen entspricht dem Master. Der Titel berücksichtigt die Spezifika des höheren Lehramtes.
Bachelor of Arts bzw. Science
Parallel zum Lehramtsstudium schreiben sich die Studierenden in die entsprechenden Fachstudiengänge ein. Nach Erreichen des Bachelor of Arts bzw. Science (bei 180 LP) kann der Studierende einen Fach-Master-Studiengang aufnehmen und gleichzeitig das Lehramtsstudium weiterführen. Durch den (Fach-) Bachelorabschluss ist es für die Studierenden während des Studiums auch jederzeit möglich, den Weg zum Berufseinstieg in die freie Wirtschaft bzw. die Umorientierung in Richtung der Fachwissenschaften (ein darauf aufbauendes Masterstudium) zu wählen.
Bachelor-Arbeit
Die Bachelorarbeit wird in einer der beiden Fachwissenschaften oder in den Erziehungswissenschaften geschrieben. Sie wird nicht mit der Schriftlichen Hausarbeit gleichgesetzt, da dadurch der Wert der Schriftlichen Hausarbeit massiv gesenkt wird. Die Bachelorarbeit wird fachlich auf das Lehramtsstudium angerechnet.
Master of Arts bzw. Science
Der bpv fordert grundsätzlich die Beibehaltung des ersten Staatsexamens als Voraussetzung für den Zugang zum Referendariat. Die Studierenden sollten aber parallel zum Staatsexamen an allen bayerischen Universitäten auch den Fach-Master (Master of Arts bzw. Science) erwerben können und auf diese Weise in der außerschulischen Berufswelt Fuß fassen. Die hohen fachwissenschaftlichen Anteile des gymnasialen Lehramtsstudiums ermöglichen dies problemlos.
Schriftliche Hausarbeit /Masterarbeit
Die Schriftliche Hausarbeit der angehenden Philologinnen und Philologen ist weiterhin eine wissenschaftliche Arbeit auf dem Niveau früherer Magister- oder Diplomarbeiten, mit einer Bearbeitungszeit von 6 Monaten. Sie wird daher nicht als Bachelorarbeit, sondern als Masterarbeit auf Universitätsniveau anerkannt und umfasst als solche 30 LP. Sie kann sowohl in einem der beiden Studienfächer als auch in den Bildungswissenschaften angefertigt werden. Im Umkehrschluss wird die Masterarbeit bei entsprechender Themenstellung als Schriftliche Hausarbeit anerkannt.
Promotionsrecht
Die Prüfungen des ersten Staatsexamens führen als vollwertige akademische Abschlüsse zum Promotionsrecht in jedem studierten Fach einschließlich der Bildungswissenschaften.
Einheitliche Standards
Zu den Kernzielen der Bolognareform zählt die Förderung von Mobilität und vergleichbaren Abschlüssen. Im konkreten Umsetzungsprozess der Bolognareform gibt es aber mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher Studienmöglichkeiten, die einen Universitätswechsel sogar innerhalb eines Bundeslandes kaum mehr möglich machen. Aus Gründen der Mobilität und Vergleichbarkeit fordert der bpv deshalb zentrale Prüfungsanforderungen, die als Standards für die Ausbildung der Philologinnen und Philologen gelten:
Modularisierung
Die Lehramtsstudiengänge werden an den Universitäten modularisiert angeboten. Bei der Konzeption der fachwissenschaftlichen Module wird das für das gymnasiale Lehramt durch die LPO I festgelegte Curriculum gleichberechtigt mit anderen Fachinteressen berücksichtigt. Dadurch sind die fachwissenschaftlichen Module für Gymnasiallehramtsstudiengänge und Fachstudiengänge polyvalent angelegt. Die Module können, um Überschneidungen in den Studienabläufen zu vermeiden, zu unterschiedlichen Zeitpunkten belegt werden. Die Freiheit des akademischen Studiums sollte durch die Modularisierung nicht zu stark eingeschränkt werden.
Leistungspunktesystem
Die Aufteilung der Studienschwerpunkte wird innerhalb der verschiedenen Lehramtsstudiengänge entsprechend der inhaltlichen Schwerpunkte (Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Erziehungswissenschaft und Praktika) durch unterschiedliche ECTS-Punkte ausgedrückt. Gleichwertigen Modulen muss an allen Universitäten der gleiche Studienaufwand mit gleichen ECTS-Punkten entsprechen.
Gymnasialpädagogische Lehrstühle
Gymnasialpädagogische Lehrstühle müssen in ganz Bayern flächendeckend eingerichtet werden, um zukünftigen Gymnasiallehrkräften ein schulartspezifisches und zielgerichtetes Lehrangebot zu machen. Die bisherigen Anstrengungen der Universitäten und die politische Unterstützung für dieses Anliegen müssen weiter ausgebaut werden.
Praktika
Das Orientierungspraktikum dient der Absicherung des Berufswunsches mit Blick auf die verschiedenen Schularten. Das Blockpraktikum verhilft zur Selbstreflexion der Studienwahl. Es kann in Anlehnung an das erfolgreiche Modell des Kompaktpraktikums der LMU München (Anglistik) innerhalb von drei Wochen abgeleistet werden. Die studienbegleitenden fachdidaktischen Praktika müssen in beiden Fächern stattfinden. Die Ableistung aller Praktika ist auch an den Beruflichen Oberschulen möglich. Alle Praktika müssen gut betreut werden, wofür die Schulen Ressourcen benötigen. Bei allen Praktika muss zudem auf die Qualifikation der betreuenden Philologinnen und Philologen geachtet werden.
Verknüpfung mit der zweiten Phase der Lehrerbildung
Eine stärkere Verschränkung mit der zweiten Phase (Vorbereitungsdienst) ist wünschenswert und findet in Form von Personalaustausch in beiden Richtungen und gemeinsamen Lehrkonzepten statt: Es bestehen Kooperationen zwischen Dozenten und Seminarlehrkräften sowie zwischen Studierenden und Referendaren. Besonders wünschenswert ist die Abordnung von Seminarlehrkräften an die Universitäten, etwa für 3 oder 5 Jahre. Sie sind die Schnittstelle überhaupt zwischen 1. und 2. Phase der Lehrerbildung. Allerdings müssen die Seminarlehrkräfte beim „Spagat“ zwischen Unterricht, Referendarausbildung und Hochschultätigkeit unterstützt werden.